Das Arbeitsgericht Berlin (AZ.: 41 BVGa 7430/22) musste sich mit einer Klage von Arbeitnehmern befassen, die zur Durchführung einer Wahlversammlung eine Liste aller Arbeitnehmer des Unternehmens vom Arbeitgeber forderten.

Türkontrolle bei der Wahlversammlung anhand von Arbeitnehmerlisten

Die Arbeitnehmer wollten einen Betriebsrat gründen. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht in § 17 Abs. 2 vor, dass hierfür eine Wahlversammlung abgehalten werden muss, auf der der Wahlvorstand gewählt wird, der die Wahl vorbereitet und durchführt.

Zur Prüfung der Teilnahmeberechtigung an der Versammlung forderten die Arbeitnehmer nun eine aktuelle Arbeitnehmerliste von dem Arbeitgeber, um der Gefahr zu begegnen, dass Unbefugte an der Versammlung teilnehmen und so die Wahl zum Betriebsrat angefochten werden könnte.

Der Arbeitgeber lehnte eine Herausgabe ab, da es keine Rechtsgrundlage hierfür gebe und die Herausgabe gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoße.

Arbeitsgericht: Keine Erforderlichkeit zur Herausgabe der Liste

Das Arbeitsgericht schloss sich der Sicht des Arbeitgebers an und ergänzte, dass in § 2 Abs. 2 der Wahlordnung ausdrücklich geregelt sei, dass nur der Wahlvorstand die erforderlichen Unterlagen und damit auch Arbeitnehmerlisten vom Arbeitgeber zu erhalten hat und nicht die Arbeitnehmer, die die Wahlversammlung vorbereiten und durchführen. Diese Regelung sei auch nicht analog auf die Wahlversammlung anwendbar.

Beschluss des Arbeitsgerichts hinterfragbar

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist zunächst festzustellen, dass Arbeitnehmerlisten mit Namen der Arbeitnehmer personenbezogene Daten sind. Diese Daten dürfen nur dann verarbeitet, im konkreten Fall vom Arbeitgeber an die Wahlversammlung weitergeleitet werden, wenn eine Rechtsgrundlage für diese Weiterleitung besteht.

Datenschutz fordert Rechtsgrundlage

Die Datenschutzgrundverordnung als zentrales Gesetz für den Datenschutz sieht vor, dass es einer gesetzlichen Grundlage für die Datenverarbeitung bedarf. Genau diese Rechtsgrundlage vermochte das Arbeitsgericht nicht zu erkennen. Allenfalls über eine Einwilligung ließe sich noch eine Rechtsgrundlage für die Weiterleitung herstellen. Dafür hätten wiederum die Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch gehabt, dies vom Arbeitgeber zu fordern.

Allerdings ist eine Erforderlichkeit nicht ohne weiteres zu verneinen.

Wenn man dem Argument der Arbeitnehmer folgt, dass Personen bei der Versammlung erscheinen, die nicht stimmberechtigt gewesen wären und damit die Wahl des Wahlvorstandes derart sabotieren könnten, dass die vom Vorstand vorbereitete und durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar und in der Folge ungültig wird, könnte eine Erforderlichkeit der Weiterleitung der Arbeitnehmerliste begründen.

  • 19 BetrVG regelt dazu die Wahlanfechtung. Danach müsste gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden sein. Die Anfechtbarkeit eines Wahlverfahrens kommt u.a. in Betracht, wenn der Wahlvorstand falsch zusammengesetzt worden ist (BAG 1 ABR 98/74) oder von einem alten Betriebsrat und nicht der Wahlversammlung hätte gewählt werden müssen (BAG 7 ABR 57/03).

Es kommen also durchaus Szenarien in Betracht, bei denen Fehler bei der Wahlversammlung auf die Wahl des Betriebsrats durchschlagen können und damit anfechtbar machen können.

Sofern der Vortrag der Arbeitnehmer plausibel erscheint und es tatsächliche Anhaltspunkte für ein nicht korrektes Zustandekommen des Wahlvorstandes gibt, ist eine Erforderlichkeit der Arbeitnehmerliste nicht vollständig von der Hand zu weisen.

Wenn es aber eine Erforderlichkeit der Übergabe der Liste zu bejahen ist, besteht auch in datenschutzrechtlicher Hinsicht eine Rechtsgrundlage.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Es kann noch Beschwerde vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.