Eine der wichtigen Aufgaben des Betriebsrats ist die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen und insbesondere bei Einstellungen gemäß § 99 BetrVG. Hierzu hat der Betriebsrat das Recht die Bewerbungsunterlagen einzusehen. Wörtlich heißt es dazu in § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG, dass der Arbeitgeber „die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen“ hat.
Digitalisierung – Recruiting-Tools
Früher hat der Betriebsrat dazu meist eine Kopie der in Papierform eingegangenen Bewerbungen erhalten. Bewerbungen in Papierform gibt es mittlerweile so gut wie gar nicht mehr und wurden durch E-Mail-Bewerbungen abgelöst. Der digitale Wandel geht jedoch noch weiter, denn mittlerweile nutzen immer mehr Unternehmen Recruiting-Tools, in denen Bewerbungen online über einen definierten Fragebogen eingehen. Die Bewerbungen sind dann häufig auch nur im Tool einsehbar.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht haben solche Recruiting-Tools den Vorteil, dass genau gesteuert werden kann, wer die Bewerbungsunterlagen sehen kann (etwa neben der Personalabteilung auch die jeweilige Führungskraft in der einstellenden Abteilung). Auch die Aufbewahrung der Bewerbungsunterlagen kann zentral gesteuert werden. Die Tücke, dass Bewerbungsunterlagen bei der Personalabteilung offiziell gelöscht wurden, aber noch in den E-Mail-Postfächern der zuständigen Führungskräfte schlummern, wird damit umgangen.
Auch der Betriebsrat kann im Bewerbungstool Zugriff auf die eingegangenen Bewerbungen erhalten. Dass damit die Vorlagepflicht aus § 99 BetrVG erfüllt wird, hat das Bundesarbeitsgericht im letzten Jahr bejaht (BAG Beschl. v. 13.12.2023 Az. 1 ABR 28/22). Der Betriebsrat kann also keine dauerhafte Kopie verlangen, wenn der Arbeitgeber nur den Zugriff über das Tool gewährt.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist dies durchaus sinnvoll – die Frage nach der Einhaltung von Löschfristen liegt damit ausschließlich beim Arbeitgeber. Und auch aus Gründen der Datensicherheit ist es zu begrüßen, wenn sensible Daten nur an einer zentralen Stelle abgelegt werden.
Aufbewahrung von Kopien
Was ist jedoch zu beachten, wenn der Betriebsrat weiterhin Kopien – analog oder digital – erhält, weil kein Recruiting-Tool genutzt wird? Gerade in großen Unternehmen, mit mehreren Neueinstellungen pro Monat, können hier schnell große Datenmengen zusammenkommen. Viele Betriebsräte sind es gewohnt die Bewerbungsunterlagen abzuheften und aufzubewahren– es könnte ja irgendwann noch mal eine Rückfrage kommen.
Wenn Sie sich hierbei ertappt fühlen, sollten Sie sich die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Datenminimierung und Speicherbegrenzung vor Augen führen: Es dürfen nur diejenigen Daten verarbeitet und aufbewahrt werden, die zur Aufgabenerfüllung (weiterhin) benötigt werden.
Im Regelfall ist die Mitbestimmung nach § 99 BetrVG beendet, sobald die Zustimmung zur Maßnahme erteilt wurde. Die Aufgabe des Betriebsrats ist dann erledigt und die Bewerbungsunterlagen werden nicht mehr benötigt. Sämtliche Kopien, die im Betriebsrat vorhanden sind, sollten dann gelöscht werden.
Sofern die Zustimmung verweigert wird und der Arbeitgeber womöglich ein Zustimmungsersetzungsverfahren anstößt, dürfen die Unterlagen wohl noch aufbewahrt werden – das Verfahren ist schließlich noch nicht abgeschlossen.
Ein häufiger Einwand von Betriebsräten ist, dass womöglich Rückfragen kommen, neue Kollegen bei der Einstellung begrüßt werden sollen oder sonstiges. In diesen Fällen gilt: Der Betriebsrat darf personenbezogene Daten nur verarbeiten, wenn dies zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Dafür bedarf es einer konkreten Rechtsgrundlage. Wenn eine solche Rechtsgrundlage vorliegt, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die erforderlichen Unterlagen (erneut) bereitstellen. Die Erforderlichkeit richtet sich danach, was zwingend benötigt wird, um die gesetzlichen Aufgaben aus dem BetrVG erfüllen zu können. Dies im Hinterkopf, kann davon ausgegangen werden, dass für nachfolgende Aufgaben nicht die gesamten Bewerbungsunterlagen inklusiv Zeugnissen und Lebenslauf benötigt werden, sondern weitaus weniger Daten, wie z.B. den Namen, Beschäftigungsbeginn und die Angabe der Stelle.
Als Interessenvertretung der Belegschaft sollten Betriebsräte ein besonderes Augenmerk auf den Schutz der Daten der Mitarbeitenden legen, die sie vertreten. Dies schließt bereits den sorgfältigen Umgang mit und die fristgerechte Löschung von Bewerbungsunterlagen ein.